»Cider mit Rosie« ist eine der schönsten Kindheitserinnerungen in der Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts. In viele Sprachen übersetzt und mehrfach verfilmt ist Laurie Lees weltberühmter Roman jetzt endlich in einer neuen Übersetzung auch auf Deutsch wieder greifbar.
»Zum ersten Mal in meinem Leben gab es keinen Menschen in Sichtweite. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich allein in einer Welt, deren Verhalten ich weder vorhersehen noch begreifen konnte: Eine Welt aus kreischenden Vögeln, stinkenden Pflanzen und jäh hochspringenden Insekten. Ich war verloren und rechnete nicht damit, dass mich einer finden würde. Ich legte den Kopf in den Nacken und brüllte, und die Sonne traf mein Gesicht wie eine Ohrfeige.«
Der Dreikäsehoch, der da unbemerkt in der Aufregung des Umzugs vorübergehend abhanden kommt, ist Laurie Lee. An jenem Tag im Juni 1917 zieht seine entschlossene Mutter Rosie mit drei Töchtern und einem Sohn aus der ersten Ehe ihres Mannes und drei eigenen Söhnen in das weltabgeschiedene Dörfchen Slad in Gloucestershire. Ohne Mann. Der hat sich nach London abgesetzt und überlässt es dieser ebenso schillernden wie einfachen Frau, seine beiden Familien großzuziehen.
Aus der Sicht eines Kindes erzählt Laurie Lee von seinen Erinnerungen an ein von der technischen Zivilisation noch unberührtes, englisches Dorf, in Sichtweite zur walisischen Grenze, wo er inmitten der Natur aufwächst, die alles aufbietet, was eine kindliche Phantasie befeuern kann: das blendende Licht des Tages, das die Kinder dazu verführt, sich streunend zu verlieren, die geräuschdurchwirkte Dunkelheit der Nacht, in die man sich besser nicht hinauswagt.