Moderne Lyrik ist zugleich Medienpoesie, die auf die Herausforderungen einer modernen Medienlandschaft reagiert. In moderner Lyrik kann die Funktion von Schrift deshalb nicht mehr als nebensächlich abgetan werden. Vielmehr deutet das veränderte Verhältnis zwischen Lautgestalt und Schriftbild auf wesentliche Veränderungen innerhalb der Gattung hin. Ausgehend von dieser grammatologischen These wird in der vorliegenden Studie die Funktion von Schriftlichkeit für moderne Lyrik überdacht. Dabei können Zusammenhänge zwischen den Experimenten der poetischen Avantgarde und der aktuellen Schriftdiskussion aufgezeigt werden. Besonders die Arbeiten der Konkreten Poesie haben eine Auseinandersetzung um die Visualisierung von poetischen Texten entfacht. Aber auch in den Schreibweisen von Lyrikern wie Ingeborg Bachmann, Paul Celan, Günter Grass, Peter Rühmkorf und Hans Magnus Enzensberger läßt sich eine verdeckte Integration von Schriftaspekten in die poetologischen Konzeptionen aufzeigen. Neben detaillierten Analysen von Texten der genannten Lyriker werden in diesem Band ebenso methodische Zugänge eröffnet, die es erlauben, den poetologischen Stellenwert von Schriftlichkeit in der Schreibweise moderner Lyrik neu zu bewerten.