Joan Maragall (1860-1911) ist für die neusprachliche katalanische Lyrik von entscheidender Bedeutung. Hatten die Autoren der »Renaixença« (Wiedergeburt) das Katalanische ab 1830 aus seiner literarischen Marginalisierung befreit, so gelang es Maragall, die Sprache von historisierenden Tendenzen zu befreien und das Alltags-Katalanisch für den poetischen Gebrauch zu emanzipieren. Maragall, neben dem Architekten Antoni Gaudí der Hauptvertreter des »Modernisme«, war ein großer Bewunderer Goethes, von dem er Gedichte und Dramen übersetzte; in seinem Werk treffen sich pantheistisches Weltgefühl und christlicher Glaube, liberales Bürgertum und soziales Engagement, literarischer Pioniergeist und naiv-kindliches Staunen.
Bislang sind Übersetzungen von Gedichten Maragalls ins Deutsche nur sehr vereinzelt in Anthologien und Zeitschriften veröffentlicht worden, die meisten bereits vor Jahrzehnten. Mit diesem Band liegt zum ersten Mal eine zusammenhängende deutschsprachige Auswahl in Buchform vor, die dazu einlädt, einen Eindruck von der poetischen Frische und Tiefe dieses Autors zu gewinnen.
Àxel Sanjosé, geb. 1960 in Barcelona, ist Lyriker und Lyrik-Übersetzer. Er lebt seit 1978 in München, wo er Germanistik studierte und hauptberuflich für ein Designbüro arbeitet; darüber hinaus ist er Lehrbeauftragter am Institut für Komparatistik der Universität München. Aus dem Katalanischen hat er u.a. Die Spiegel. Der öde Raum von Pere Gimferrer (Edition Lyrik Kabinett bei Hanser, 2007), die Anthologie vier nach (Lyrik Kabinett, 2007) sowie den Band Poesies/Gedichte von Màrius Torres (Rimbaud, 2019) herausgegeben und übersetzt. Sein jüngster Gedichtband Das fünfte Nichts (ebenfalls Rimbaud) erschien 2021.