Die Bilder in diesem Buch stammen aus den zwei östlichsten Kronländern der ehemaligen k.u.k. Monarchie, aus Galizien und der Bukowina. Das "Stetl", heute Bezeichnung für den traditionellen Lebensraum der Juden in Osteuropa, ist aber, wie Margaret Mead schreibt, kein geographischer Begriff, sondern bezeichnet eine Gemeinschaft von Menschen, verbunden durch Herkunft, Sprache und Religion, nach eigenen Gesetzen lebend, ausgegrenzt von der nichtjüdischen Umgebung am selben Ort. "Stetl" war überall in den dörflichen und städtischen Siedlungen des "Jiddischlands" zwischen Baltikum und Schwarzem Meer. Historische Bildzeugnisse aus dem Stetl sind selten. Orthodoxe Juden dürfen kein Abbild vom Menschen machen. Photographiert zu werden oder zu photographieren war im Stetl zweifellos ein Zeichen der Emanzipation, der Lösung von der Tradition. So ließ sich Moses Hersch Erdheim, aus dem Stetl zum Erdölunternehmer aufgestiegen, um 1880 ganz nach westlichem Vorbild mit Frau und Familie photographieren, wenn auch noch in Kaftan und mit Kippa. Später photographierte Sische (Sigmund), der älteste seiner fünf Söhne, Chirurg in Wien, auf Urlauben zu Hause seine alte Heimat. Der Band enthält Fotos aus dem Familienarchiv der Familie Erdheim sowie Fotos aus privaten Sammlungen und dem Archiv des Verlages. (Claudia Erdheim)