In seinem Hauptwerk "Soziologie" erklärt Simmel, daß die soziale Wirklichkeit niemals in ihrer Ganzheit erfaßt werden kann, daß sie vielmehr ein ständiges, sich veränderndes Wechselspiel zwischen den Teilen der Gesellschaft sei. Simmel sah in der Soziologie eine Wissenschaft der Formen und weniger der Inhalte menschlicher Wechselwirkungen und wird damit zum Begründer einer "formalen Soziologie":
"Weder Hunger noch Liebe, weder Habgier noch Arbeit, weder Technik noch Religion sind an und für sich etwas Soziales; sie werden es, indem sie - als Ursachen oder als Zwecke - die Individuen zu Wechselwirkungen mieinander veranlassen. ... die bestehende Gesellschaft lebt in der Einheit der gesellschaftsbildenden Wechselwirkungsformen und der Inhalte - ökonomischer oder erotischer, religiöser oder intellektueller, eudämonistischer oder sachlicher Art - , die sich in den sozialen Formen von über- und Unterordnung, von Konkurrenz und Kooperation, von Parteibildung und Hierachie, von Abschluß und Anschluß und unzähligen anderen realisieren. ... So hat die Soziologie aufzusuchen, was an den realen Vergesellschaftungen wirklich und rein Gesellschaft ist, die Arten der Vergesellschaftungen, die aus der Summe von von Individuen Gesellschaft machen." (aus: Dokumente des Forschritts I, 1908, Heft 3, S. 220, in GSG 17)
»Pflichtlektüre ist das einleitende Kapitel, insbesondere der berühmte transzendentaltheoretische Exkurs darüber, wie Gesellschaft möglich ist, nämlich durch die Evidenz des 'Du', aus dem sich sozusagen ein 'soziales Apriori' ergibt.«